Niederösterreichische Pfadfinder und Pfadfinderinnen
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Wir Werden Weniger ...

Ich weiß, „evaluieren“ ist modern – aber was erfahren wir? Wir dokumentieren die Vergangenheit. Wäre es nicht besser, die Menge an Energie, Zeit und Papier in Ideen und Planung für die Zukunft zu stecken?


Es ist Sonntagabend, ich komme von einem anstrengenden Herbsarbeitskreis zurück. Da eine innerfamiliäre taktische Umorientierung stattgefunden hat, werde ich von meiner lieben Frau Maria in Kenntnis gesetzt, dass ich meine liebe Tochter Barbara von einem Almabtrieb – dies ist kein despektierlicher Ausdruck von mir, sondern der tatsächliche Name der gegenständlichen Aktion – abzuholen habe. Also zeige ich mich verhaltenselastisch und mache mich auf den Weg. Kurz nach Papi-Begrüßungsküsschen und Verabschiedung bei den Führern sagt mein Tochter: „Du Papi, sterben die Pfadfinder aus?“

Sterben wir aus?

Wie kommt eine 13-Jährige auf solche Ideen? Zugegeben, sie ist inzwischen im oberen unteren Management gelandet: „Kornett“ (oder sagt man gendermäßig „Kornettin“ – verdammt, das Ganze geht mir auf die Nerven ...) und darf sich mit strategischen Zielen auseinandersetzten. Eigentlich sollte sie voller Freude von den Erlebnissen an dem Wochenende mit ihrer Patrulle (ich verwende ausdrücklich nicht „Peer Group“, obwohl’s cooler klingt) plappern und sich über die erbrachten Leistungen freuen. Sie sollte von Abenteuern schwärmen und über die Probleme mit 70 cm langen blonden Haaren auf Pfadfinderlagern berichten. Aber nein, sie beschäftigt sich mit Dingen, die eigentlich auf der Landes- und Bundesebene angesiedelt sind.

Ein Erwachsenenproblem?

Natürlich hinterfrage ich diese Aussagen. Sie berichtet, dass sie erfahren hat, dass in der Nebengruppe (die Nummer spielt für diese Betrachtungen keine Rolle) nur mehr vier Späher sind. Das macht ihr Sorgen. Was tut ein Vater, wenn sein Töchterchen mit solchen Sachen daherkommt. Erste Reaktion ist die distanzierte Betrachtungsweise: „Wir haben in Niederösterreich das Problem erkannt und arbeiten an der Lösung“. Ist das das, was eine 13-Jährige hören will? Also versuche ich es anders:„Also, das ist kein Kinder-, sondern ein Erwachsenenproblem.“ Sachlich richtig, aber was soll meine Tochter mit dem Quatsch anfangen. Sie schaut mich mit ihren blauen Augen an und ich weiß, dass ich allmählich als Vater zu versagen beginne. Richtig ist, dass es ein Erwachsenenproblem ist, es hat nichts mit den Kindern zu tun. Wir, also die Träger der Verantwortung, haben uns damit auseinanderzusetzen.

Der Verantwortungsträger hat folgende Fragen zu beantworten:

  • Was muss ich tun? Was sagen die Vorschriften? Was sagt mir mein Verstand?
  • Was kann ich tun? Was sind meine Möglichkeiten?
  • Was werde ich wirklich tun?

Handlungen nur in der Gegenwart möglich

Wir können weiterhin unsere Energien in Verfahrensfragen stecken. Wir können evaluieren oder wir können die Abläufe effektiver gestalten. Evaluation ist ein rückschauender Prozess. Ich weiß, es ist modern – aber was erfahren wir? Wir dokumentieren die Vergangenheit. Wäre es nicht besser, die Menge an Energie, Zeit und Papier in Ideen und Planung für die Zukunft zu stecken? Natürlich ist es notwendig, aus der Vergangenheit zu lernen aber vergessen wir nicht, dass nur in der Gegenwart Handlungen möglich sind.

Das Jahr 2007 stellt einerseits eine große Herausforderung aber auch eine große Chance dar. Auf Gruppen-, Bezirks- und Landesverbandsebene werden wir gemeinsam versuchen, ein möglichst großes Medienecho zu erhalten, um uns in der Österreichischen Gesellschaft zu positionieren. Also schauen wir nach vorne, Krempeln die Ärmel hoch und arbeiten daran, dass die Kinder unserer Kinder noch eine Bewegung haben, zu der sie gehen können.

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VON WILHELM NAGY

Wilhelm Nagy ist Landesbeauftragter für Gruppenführung.