Nie
wieder Sommerlager!
Das
Sommerlager war und ist alljährlich einer der Höhepunkte im Pfadfinderjahr.
Monatelang wird geplant und vorbereitet und im Juli oder August ist es dann endlich
soweit: Kinder und Jugendliche aller Altersstufen samt ihrer Begleiter ziehen
ins weite Land auf Pfadfinderlager. Ein etwas anderer Lagerrückblick.
So
ein Sommerlager soll ja etwas bieten, wir Pfadfinder und Pfadfinderinnen müssen
irgend etwas haben, um die Kids bei Laune zu halten; etwas, das die anderen nicht
haben. Und darum sind wir heuer gleich ordentlich ausgerüstet auf Lager gefahren,
damit nur ja niemand daherkommen und sagen könnte, die Pfadfinder leben abseits
der Zivilisation.
Mit einem großen LKW haben wir unsere Ausrüstung antransportieren lassen
und weil wir ja flexibel sein wollen, haben wir uns auch jede Menge PKW aufs Lager
mitgenommen. Zu zehnt im alten 2er-Golf ist ja nicht mehr state-of-the-art und
zu Fuß gehen wir doch schon lange nicht mehr ins Schwimmbad.
Gleich
zu Beginn des Lagers haben wir auch eine ordentliche Kochstelle gebaut, 42 Mal
wird sie in Betrieb sein 14 x Frühstück, 14 x Mittagessen, 14
x Abendessen. Ob es ökologisch sinnvoll ist, dass z.B. jede Patrulle fürs
Frühstück einheizt, interessiert uns nicht; nur "Übung-macht-den-Meister"
lautet die Parole und da reicht einmal täglich einheizen nicht aus. Außerdem
bedeutet öfter einheizen ja auch mehr Holzbedarf. So können die Kids
zeigen, wie sie mit Axt und Säge umgehen. Unweit
des Lagerplatzes im Wald findet man dann regelmäßig einen nicht ganz
dürren Baumstrunk, in Hüfthöhe abgeschnitten. Die grünen Zweige
haben längst schon ihren letzten Weg im Lagerfeuer gefunden.
Apropos
Lagerfeuer. Da lautet die Devise natürlich größer, höher,
lauter. Was interessiert schon die Wohnumgebung der Mitmenschen oder der Lebensraum
der Tiere, wenn wir gerade auf Sommerlager sind? Die werden doch ein bisserl etwas
aushalten, oder? Wirklich unverständlich, dass Nachbarn auf ihr Recht hinweisen,
dass es ab 22 Uhr ein wenig ruhiger zugehen könnte und auch ein markdurchringender
Ruf um 21:59 Uhr nicht täglich sein müsste.
Was
die Speisereste betrifft, sind wir auch sehr kreativ. Eine Sickergrube neben der
Kochstelle bietet sich geradezu an. Da versenken wir dann alles, was beim Kochen
oder dessen Vorbereitung übrig bleibt, das Öl vom Schnitzelbraten wird
dem Ökokreislauf schon nicht schaden. Und wenn die Wurst nicht mehr ganz
frisch ist, wird sie zur Eindämmung etwaiger Geruchsbelästigungen gleich
mit dem Plastiksackerl in der Grube entsorgt. Unerklärlich ist uns aber immer,
warum sich in der Nähe der Kochstelle die Ansammlungen von Ungeziefer häufen.
Nicht nur rund um die Koch- oder Lagerfeuerstelle, sondern verteilt übers
gesamte Lagergelände, finden sich zudem noch hunderte von Zigarettenstummeln.
Aufgrund
der Erfahrung der letzten Jahre, wo Eltern die Begleitführer mit Mulis verwechselt
hatten, stand heuer ausdrücklich folgender Hinweis auf der Lagerausschreibung:
Nimm nur mit, was du auch selber tragen kannst! Damit standen sowohl die Lagerteilnehmer
als auch deren Eltern vor einem großen Dilemma. Sollten sie den Kids nun
weniger Naschsachen mitgeben oder eher doch bei der Wäsche sparen, da sie
ja ohnehin großteils unbenutzt, aber trotzdem nicht sauber blieb.
Interessant
ist es auch jeweils am Besuchersonntag; da werden wir dann immer zu den größten
Schauspielern. Das Lager ist sauber geputzt, die Teilnehmer frisch gewaschen,
gekämmt, gebügelt,
und zu Mittag gibt es ein opulentes Mittagessen,
wo die Schachtel für allfällige unfreiwillige Spenden strategisch so
platziert wird, dass die Tellerausgabe ohne Geldeinwurf außer Betrieb bleibt.
Selbstredend,
dass das Bier nur für den Besuchersonntag gekauft wurde, während des
Lagers nehmen wir es mit unserer Verantwortung ja ernst und sind bei eventuellen
Notfällen immer voll einsatzfähig. Eine religiöse Einheit sollte
auf einem Lager auch nicht fehlen. Diese wird am Besuchersonntag dann zeitlich
so eingetaktet, dass Ausreden wie "wir haben es leider nicht früher
geschafft" oder "wir müssen leider schon wieder wegfahren"
nicht möglich sind und die ehrlichsten Gedanken zum Tag sind dann immer die,
wo Beispiele von den Pharisäern gebracht werden.
Und
so hätten wir dann auch bei diesem Sommerlager wieder bewiesen, dass wir
uns an den 8 Schwerpunkten orientieren
Roman
Engelbrecht ist Pfadfinder seit 1981; er ist aus beruflichen Gründen jedoch
schon länger nicht auf Lager gewesen oder hat Lager anderer Gruppen besucht
und daher erhebt der Lagerrückblick keinen Anspruch auf Vollständig-
oder Richtigkeit.
Zufällig
meldet orf.on einen Tag nach dem Verfassen dieses Artikels, dass oö. Pfadfinder
in Kärnten eine Fischerhütte aufgebrochen hatten, ein darin befindliches
Netz stahlen und damit mehrere tausend Brutfische aus einem Teich fischten und
den Fischen im Nachbarteich als Futter vorsetzten. Ein offenbar ehemaliger Pfadfinder
postete zu diesem Artikel folgendes (wörtlich kopiert von kaernten.orf.at):
"Wenn die beiden das als "kindlichen Blödsinn" angestellt
haben dann frage ich mich schon wo zu diesem Zeitpukt die Betreuer dieser Gruppe
Pfadfinder ist. Was ich so weiß aus den guten alten Pfadfinder-Zeiten lernt
man ja allerhand über Natur, Verhalten in der Natur, usw., usw. - Auch hier
dürfte ein Manko an Bildung sein. Aber wie gesagt wenn ich mich zurück
erinnere - bei unseren Zeltlagern waren am Abend nach einem gewissen Zeitpunkt
die Betreuer nennen wir es "leicht angeheitert" und dann hatten wir
leichtes Spiel." (Ende des Postings) Ich weiß, dass es - Gott sei Dank
- auch andere Beispiele gibt (kein Alkohol am Lager,
) aber nur bad
news sind good news, insbesonders für die Medien.
Wir
sind für unsere Kinder und Jugendlichen auch Opinion-Leader, wir sind Vertrauenspersonen
und wir müssen uns täglich bewusst sein, dass wir Verantwortung für
"unsere" Kinder und Jugendlichen haben, auch - oder gerade - wenn, von
uns damit gelegentlich etwas verlangt wird, was im Elternhaus vernachlässigt
wird.