Unsere
Lotterie ein Anachronismus?
Seit
1961 geht alljährlich Fortuna in Österreich um, allerdings keineswegs
in Gestalt einer schönen römischen Göttin. Vielmehr sind es Gestalten
mit Pfadfinderuniform, Haube und Handschuhen, die bei winterlichen Temperaturen
bunte Pfadfinderlose an den Mann bringen wollen.
Wer
kennt sie nicht, die Bögen zu je zehn Losen, die das Glück versprechen.
Aber ist wirklich alles wunderbar in einer der ältesten Privatlotterien
Österreichs? Nun, seit mehr als 40 Jahren marschieren schon die lieben kleinen
Pfadfinder durch die Ortschaften und Städte, um ihr Glück als Losverkäufer
zu versuchen. Wenigstens einer der Bögen will verkauft sein. Funktioniert
der Absatzweg des Hausierens nicht so recht, müssen halt Eltern, Großeltern
und der Rest der Verwandtschaft bereitwillig herhalten. Immerhin warten ja auch
große Gewinne auf den nun glücklichen Losbesitzer.
Und
wo erfahr ich jetzt, ob ich gewonnen hab? Diese Frage darf man als
Losverkäufer durchaus fürchten. Da die Pfadfinderlotterie im Gegensatz
zur den hinlänglich bekannten Brieflosen keine Sofortgewinne bietet, gibt
einem das Los selbst keinen Aufschluss darüber, ob man nun Besitzer einer
Luxuslimousine ist oder an Exerzitien in Stift Göttweig teilnehmen darf.
Dazu braucht man die Ziehungsliste, über die der Losverkäufer zum Zeitpunkt
des Glückspielgeschäfts logischerweise noch nicht verfügt. Erst
im Mai wird man sofern man Glück hat informiert, ob das Los
nun wirklich einen fetten Ertrag abwirft. Man braucht als Teilnehmer also doppeltes
Glück, um in der bewährten Pfadfinderlotterie zu gewinnen.
Für
uns als Veranstalter trifft allerdings eher der Satz zu: Es ist ein Glück,
wenn man Pech hat!. Mit dem Pech ist in diesem altbekannten
Spruch zwar ursprünglich das Harz der Föhren gemeint, aber auch auf
unsere Pfadilotterie trifft er irgendwie zu. Was passiert denn, wenn dem Besitzer
im Zeitraum von drei bis vier Monaten des Wartens auf den neuerlichen Besuch Fortunas
die Lose abhanden gekommen sind? Oder wenn der Glücksspieler die Ziehung
vergisst und womöglich gar nichts weiß, dass er nun seinen neuerworbenen
Reichtum einstreifen könnte. Kurzum, das Pech des Spielers kann relativ oft
zum Glück des Veranstalters werden. Keine feine Sache ...
Unsere
liebe Lotterie ist in ihrer derzeitigen Form ein Anachronismus sondergleichen.
Es mag zwar durchaus stimmen, dass einige Gruppen, die den Losverkauf im großen
Stil betreiben, sich einen hohen Teil ihres Budgets erwirtschaften, aber dies
mag nur auf eine kleine Anzahl zutreffen.
Den
Fortbestand der Lotterie möchte ich auch gar nicht anzweifeln, allerdings
sollten über Form und Durchführung dieses Glückspiels einmal ernsthafte
Überlegungen angestellt werden. Denn wenn wir uns von der modernen und fortschrittlichen
Seite zeigen möchten, dann sollten wir dies auch wirklich ernsthaft in allen
Bereichen tun.
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