Die
Fallstricke der Überparteilichkeit
Bundesverbandspräsident
Christian Letz distanziert sich im Namen von "uns allen" von den Inhalten
der Texte der Gruppe "Kaputtnicks". Damit erzielt er genau das, was
er eigentlich vermeiden wollte: Die PPÖ können damit eindeutig parteipolitisch
zugeordnet werden.
Es
hat schon fast Tradition in unserem Verein: Leute sprechen von "unpolitisch"
und meinen in Wahrheit "überparteilich". Neu ist hingegen die Umkehrung
dieses Sachverhalts: Hans Zöhling beruft sich auf die Überparteilichkeit
des Verbandes und fordert gleichzeitig von jeder einzelnen Pfadfinderleiterin
und jedem einzelnen Pfadfinderleiter unter sonstiger Nahelegung des freiwilligen
Verbandsaustritts eine persönliche Äquidistanz zu politischen Parteien.
Nicht
nur wir, sondern z.B. auch Michael Holzmann hat im Leserforum der Online-Kontakte
bereits versucht, die Wichtigkeit der Vermittelung eines bunten, pluralistischen
Eindrucks in diesem Zusammenhang herauszuarbeiten.
Die
offizielle Reaktion von Christian Letz in seiner Eigenschaft als oberstem Pfadfindervertreter
Österreichs ist jedoch in dieser Beziehung reichlich uneindeutig ausgefallen.
Wir
begrüßen es genauso, wenn Christian das Politische an der Pfadfinderbewegung
hervorhebt und zur gegenseitigen Toleranz im Verband auffordert. Wir begrüßen
es auch, wenn er betont, dass der Auftritt der "Kaputtnicks" am b.open
nicht deshalb erfolgt ist, weil man Texten wie "Brief an den Bundeskanzler"
gezielt ein Forum bieten wollte.
Kritischer
wird es jedoch bereits, wenn "sowohl die Lagerleitung des b.open als auch
alle verantwortlichen Gremien des Bundesverbandes der PPÖ ohne Einschränkung
erklären, dass der Text des angesprochenen Liedes nicht der Einstellung der
PPÖ entspricht". Und problematisch wird es bei Formulierungen wie: "Eine
öffentliche Erörterung der Distanzierung von den Texten erfolgte ausschließlich
aus dem Grund nicht, weil diesem nicht noch mehr Öffentlichkeit geboten werden
sollte. Ich halte es nicht für sinnvoll, Interesse zu wecken für Inhalte,
die wir ablehnen."
Hier
hätten wir mir mehr Sensibilität für versteckte sprachliche Konnotationen
sowie eine klarere Trennung zwischen persönlicher Meinung und Statement des
Verbandes gewünscht.
Eine
"klare Distanzierung (des Verbandes) vom Inhalt der Texte" der "Kaputtnicks"
war und ist weder notwendig noch sinnvoll. Am b.open wurde einer Reihe von Politikern
unterschiedlicher politischer Parteien ein Forum geboten: Rote und schwarze Salzburger
Landesräte, schwarze Bürgermeister, blaue Bundesminister und (grundsätzlich)
schwarze EU-Kommissionsmitglieder hatten ihre mehr oder weniger öffentlichen
Auftritte am Lager, wurden mit Pfadfinder-Ausrüstungsgegenständen versorgt
und für die Öffentlichkeit abgelichtet. Da ergänzen Auftritte von
regierungskritischen Künstlern oder Personen des öffentlichen Lebens
(wie z.B. beim Roten Sofa im RaRo-Unterlager) das angestrebte Bild einer pluralistischen,
offenen, toleranten und politischen Jugendbewegung auf geradezu notwendige Art
und Weise.
Das,
was in Wahrheit hinter den Statements von Hans Zöhling und Christian Letz
steckt, ist die politische Realverfassung der PPÖ: Öffentliche Auftritte
von Regierungsvertretern aus Bund, Land und Gemeinden werden als Notwendigkeit
betrachtet, die man zu akzeptieren habe, als Höflichkeit denen gegenüber,
die uns füttern. Öffentliche Kritik an diesen Personen wird daher als
störend bis verbandsschädigend empfunden, eine Distanzierung davon wird
gefordert bzw. erfolgt postwendend.
Endgültig
in die nicht erwünschte Richtung verkehrt sich die Stellungnahme von Christian
jedoch dann, wenn er die Texte der "Kaputtnicks" als "Inhalte"
bezeichnet, "die wir ablehnen".
Wir
bekennen hiermit, dass Sätze wie "Yeah, we live in Austria, but fuck
this government" voll und ganz unserer persönlichen politischen Einstellung
entsprechen und uns zutiefst aus der Seele sprechen. Wenn der Bundesverbandspräsident
nun diese Meinung im Namen des Verbandes ablehnt, nimmt er uns ein persönliches
Recht, beschneidet den - wohl von allen erwünschten - Pluralismus des Verbandes
und macht die PPÖ erst recht parteipolitisch zuordenbar. Durch die öffentliche
Distanzierung ausschließlich von oppositionellen Inhalten bleibt logischerweise
automatisch die Haltung der Regierung als offizielle Meinung der PPÖ über.
Das eigentliche Ziel wird damit klar verfehlt, das bekämpfte Bild des Verbandes
nicht widerlegt, sondern verstärkt.
Die
unseres Erachtens bessere Vorgangsweise wäre gewesen, offensiv und durchaus
auch für eine breitere Öffentlichkeit klarzustellen, dass die persönlichen
Meinungen der Vielfalt der Verbandsmitglieder zu den Texten der "Kaputtnicks"
durchaus unterschiedlich sind, aber es Verpflichtung einer pluralistischen und
parteipolitisch ungebundenen Jugendbewegung ist, vielen politischen Richtungen
auf ihren Großveranstaltungen ein Forum anzubieten.
Es
hätte - wie das Zainzi in ihrem (seinem?) Kommentar im Leserforum sehr schön
herausarbeitet - hier sogar eine gute Gelegenheit bestanden, positive Öffentlichkeitsarbeit
für unseren Verband zu betreiben - die PPÖ als Verein, der durch seine
pluralistische, aber dennoch hochpolitische Ausrichtung die vielzitierte angebliche
Politikverdrossenheit der Jugend zu bekämpfen versucht, die Heranbildung
von "bewussten Staatsbürgern" zum Ziel hat und diese Grundsätze
am b.open auch umzusetzen versucht hat.
Schade,
dass diese Chance durch die vorliegende einseitige Reaktion auf verbreitete Missverständnisse
vergeben wurde.