Unser
Bild in der Öffentlichkeit
Verbandsseitige
Reformen sind zum Scheitern verurteilt. Es liegt an jeder einzelnen Gruppe, Klischeebilder
so gering wie möglich zu halten.
Christian Erlinger
ist Rover der Gruppe Gars am Kamp
Nicht
erst seit kurzem beschäftigt mich die Frage nach der gesellschaftlichen Stellung
der Pfadfinder. Ich bin oft mit wüsten Klischeebildern konfrontiert, doch habe
ich mir das Richtigstellen bereits seit langem abgewöhnt, da es sich oft als nicht
zielführend herausstellte.
Ein
anderer Anlass für die Erstellung dieses Textes ist bzw. war die Gestaltung eines
FM4-Jugendzimmers. Mancher weiß, dass ich gemeinsam mit zwei weiteren Rovern aus
meiner Gruppe Gars am Kamp im Februar vergangen Jahres eine solche Radiosendung
gestaltet habe. "Wie sieht jemand den weltweit größten Jugendverein, wenn man
nur sehr wenig Bezug dazu hat?" bzw. "Wie sieht man ihn, wenn man den Verein kennt?"
sind Fragen, die den gesellschaftlichen Standpunkt unserer Gemeinschaft als Antwort
haben.
Nun,
diese beiden Fragen müssen sehr unterschiedlich behandelt werden. Beginnen wir
einmal mit der ersten, wenn man nur sehr wenig Bezug hat. "Wenig Bezug" definiere
ich hier folgendermaßen: Der Begriff Pfadfinder ist einem bekannt: Man hat ein
ungefähres, klischeehaftes Bild eines Pfadfinders, man bildet sich auch ein, historische
Hintergründe zu kennen, aber man war nie Mitglied bzw. hat man keinen Kontakt
mit einer Gruppe. In diese Beschreibung passt wohl ein Großteil der österreichischen
Bevölkerung, vor allem Jugendliche.
Konfrontiert
man nun solche Menschen mit dem Begriff Pfadfinder, so sehen sie einen paramilitärischen
Verein, der versucht, aus der verdorbenen Jugend anständige, politisch beeinflusste,
konservative Staatsbürger zu formen. Ebenfalls stellen sie sich vielfach darunter
Gruppierungen von Kindern vor, die durch den Wald laufen, Beeren sammeln, Blümlein
pflücken und Kleinsäuger mit lieblichem Blick aus Fallen befreien.
Ein
weiterer Stein des Anstoßes ist für viele der Ausdruck "Führer", entseht hier
ja gemeinsam mit der schon oben erwähnten Uniform ein etwas rechtslastiges und
braunfarbiges Bild. Alte Klischeebilder, die aber immer noch in der Gesellschaft
geistern und durch halblustige Werbungen, die eine Zeitlang im Fernsehen kursiert
sind, nur forciert werden.
Klischeebilder
aus der Gesellschaft zu verbannen ist fast ein unmögliches Unterfangen. Die, wie
mir scheint, wohl einzige Möglichkeit hier Veränderungen zu erzielen ist einzig
und allein durch gute Öffentlichkeitsarbeit und durch gute Einbindung von Gruppen-
und Verbandsaktivitäten in öffentliche Strukturen. Es muss hierbei gezeigt werden,
dass die einzelnen Pfadfindergruppen wirklich weit weg von allen Klischees sind.
Warum
aber ist auch dieser Vorschlag zum Scheitern verurteilt? Erstens sind solche Eindrücke
tief verankert, zweitens erreicht man auch mit den besten PR-Aktionen nur einen
kleinen Teil der Bevölkerung und drittens macht die autonome Handlungsweise der
einzelnen Gruppen diesem Gedanken einen dicken Strich durch die Rechnung.
Veränderungen können immer nur regionale Bedeutung haben, da es an jeder einzelnen
Gruppe, und auch an jedem einzelnen Gruppenmitglied liegt, wie das Bild in der
Öffentlichkeit geprägt wird. Ein kleines Beispiel: Wenn in der Stadt X Pfadfinder
mit Kniebundhose, Stutzen, Barett und grauen Hemden in Gleichschritt zu Fanfarenklängen
marschieren, werden die Bewohner dieser Stadt Pfadfinder als paramilitärisch,
rückschrittlich o.ä. ansehen, auch wenn so etwas dem einem oder anderen gefallen
mag.
Wenn
in der Stadt Y die Pfadfinder im kunterbunten Haufen die eine oder andere öffentliche
Aktion veranstalten, in der man sich nicht unbedingt von der elitären Seite zeigt,
sondern ganz menschlich und frei von der Leber weg handelt und denkt, so wird
hier der Eindruck, den die Bewohner von Y haben, gänzlich ein anderer sein, als
der von X.
Wenn
es aber mehr Städte X als Y gibt, dann wird das allgemeine Bild eher X ähneln
als Y logische Sache. Ganz so einfach ist es dann in der Praxis sicherlich
nicht, aber ist es so fern der Wahrheit? Und dies beantwortet auch gleich die
zweite Frage, die ich zu Beginn gestellt habe, nämlich wie uns die Leute
sehen, die Bezug zu einer Gruppe haben.
Dieser
Eindruck wird so sein, wie sich die Gruppe gibt. Diese gesamte Problematik, der
gesellschaftlichen Stellung der Pfadfinder, hat man eben schon lange erkannt,
und auch versucht zu ändern. Die weiter oben genannten Klischeebilder, gaben und
geben immer wieder genügend Stoff für hitzige Diskussionen. Wir wissen also auch,
dass viele Leute Probleme haben mit Bezeichnungen wie "Führer" etc. etc. Die Unpopularität
dieses Wortes hat man nun schon seit langem erkannt und versucht zu ändern, indem
man die Führer verleitet
(Siehe dazu den Kommentar
von Michael Holzmann).
Die
ebenso vielkritisierte Nichtentscheidung der obersten Gremien, ist insoweit unakzeptabel,
weil man sich von Entscheidungsträger, wie der Name schon sagt, Entscheidungen
erwartet. Dennoch ist dieser Beschluss kein allzu großes Problem, da man, egal
ob die Bezeichnung jetzt Führer oder Leiter heißt, das Ziel, die Veränderung von
öffentlichen Eindrücken, sowieso nicht erreichen wird. Dies aus einem ganz einfachen
Grund:
Zur
Erklärung greife ich wieder auf das Beispiel mit den Städten X und Y zurück. Die
Leute der Stadt X haben einen eher negativ besetzten Eindruck von den Pfadfindern,
das Wort "Führer" verbessert diese Situation sicherlich nicht, eher forciert es
noch das Bild. Würde die Bezeichnung aber nun "Leiter" heißen, dann würde sich
der Eindruck der Bewohner von X auch nicht spürbar verändern, da das Bild mehr
von dem, was man sieht, abhängt und nicht von internen Bezeichnungen.
In
der Stadt Y verhält es sich ebenso nur mit umgekehrten Rollen. Hier ist es den
Leuten egal, ob die Bezeichnung auf "Leiter" oder "Führer" lautet, weil der positive
Eindruck, den die öffentliche Arbeit der Gruppe hinterlässt, überwiegt.
Dieses
gesamte Beispiel ist sehr stark vom allgemeinen Denken und der Grundhaltung der
Bevölkerung abhängig. Gegenströmungen findet man natürlich überall gegen alles,
aber beachten wir sie in diesem Fall nicht, da sie oftmals keine wirklichen Veränderungen
im öffentlichen Bewusstsein erzielen.
Zusammenfassend ergibt sich daraus, dass als großartig angesehene verbandsseitige
Reformen zum Scheitern verurteilt sind. Es liegt nämlich an jeder einzelnen
Gruppe, die Möglichkeit, Klischeebilder aus ihrem Umfeld nicht gänzlich zu verbannen,
aber so gering wie möglich zu halten, zu nutzen. Hier kommt man wieder sehr schnell
in den Bereich des Einzelnen, und "Ask the boys and girls" ist auch hier möglicherweise
gar nicht so falsch.
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