Niederösterreichische Pfadfinder und Pfadfinderinnen
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Spinnennetz aufbauen, Vorurteile abbauen

Wie wir wertvolle Chancen auslassen, wahrgenommen zu werden.

VON KARIN SCHLACHTER


Vier Pfadfinderkids streifen durch die sanften Hügel des Mühlviertels. Die Rucksäcke drücken auf die Schultern und mert: Zeit ein Quartier zu suchen. Sie klingeln an der Tür eines Bauernhofs. Mit herzerweichenden Klimperaugen bitten Sie den Hausherrn um ein Fleckerl Wiese für ihr Zelt. „Schleichts eich, jetztschauts owa schnö, blede Hitlerjugend, dass weg kummts va meim Grundstickl!“ Eine Reaktion, die vier Jugendliche nie erwartet hätten. Ein schuldbewusster Blick und Abmarsch. Ein Rätsel bleibt die passende Antwort auf diesen schwerwiegenden Vorwurf.

Diese Geschichte ist keineswegs frei erfunden, sie beruht auf einer wahren Begebenheit. Weshalb? Da müssen wir uns selbst an der Nase packen. Selbstbild und öffentliche Meinung klaffen weit auseinander. Zu wenig Information über die geschichtlichen Hintergründe unserer Bewegung und nachlässige Information nach außen. Wer hat schon vor hundert Jahren die Interessen der Kinder in den Mittelpunkt gestellt? Wer kämpft idealistisch für den „guten Zweck“? Wer verknüpft Kindsein mit intensiven Erlebnissen in freier Natur? Wir tun es. Aber keiner weiß es.

Turnen, Fußball spielen, Musizieren: das Freizeitangebot für Jugendliche.,ist überwältigend. Im Dschungel der Vereine haben die Pfadfinder eine beachtlich wichtige Rolle, wenn man über die Größe bzw. Mitgliederanzahl spricht. Eine Unterhaltung mit einem Außenstehenden über die Pfadfinder oder besser über den Glauben, was Pfadfinder tun, reißt einem die Augen vor Staunen auf: Vom ‚alten Damen über die Straße helfen’ bis über ‚im Wald hocken’ und ‚auf Bäume kraxeln’- Klischees werfen einem Nichtwissende Unglaubliches an den Kopf. In der heutigen Zeit, wo nur Dinge stattgefunden haben, denen eine Zeile in der Zeitung gewidmet ist, ist es nicht verwunderlich, dass die öffentliche Meinung über Pfadfinder nicht der Wahrheit entspricht. Zeit um es hinauszuposaunen, was wir tun und warum wir es tun und zwar so:

Werbung? Warum brauch i des?

Die Pfadfinder überleben locker 100 Jahre ohne Pipapo-Marketing. Wir brauchen die Werbung um in den Köpfen der Nicht-Pfadfinder zu existieren. Tipps vom Profi finden sich im Public-Relations-Heft für Pfadfindergruppen. Überzeugungsarbeit beginnt in den eigenen Reihen. Die Geschichte der Pfadfinderbewegung vertuschen? Nein, lieber zuerst einmal den Kindern erklären, warum aus braunen Hemden rote wurden und Aufklärungsarbeit leisten. Je besser wir alle Bescheid wissen, umso selbstsicherer kann Außenstehenden der geschichtliche Hintergrund vermittelt werden. Missverständnisse vermeiden, klipp und klar die Botschaft formulieren und somit ein einheitliches Bild vermitteln.

An einem Strang ziehen

Was es heißt ein Pfadfinder zu sein, beschreibt das Leitbild. Diese beschriebenen Grundsätze sollen wir nach außen transportieren. Diese Werte gilt es bei Pressemitteilungen zum Beispiel herauszustellen. Wer dieses ohnehin breite Spektrum um weitere Werte erweitert, trägt zu einem diffusen Spiegelbild der Pfadfinder in der Öffentlichkeit bei. Eltern in Zwettl werden ihre Kinder nicht in die Heimstunde bringen, wenn Badener Pfadfinder beispielsweise über ihr Seifenkistenrennen berichten. Die Zeitungen für Gruppen sind die Lokalmedien: NÖN, Tips, Bezirksblatt, Gemeindezeitung, Rundschau, Kaffeeklatsch aktuell, St. Pöltner Stadtzeitung, etc.

Der Weg in die Zeitung

Hat man herausgefunden, welche Blätter sich rund um die Gemeinde tummeln, gilt es Kontakt aufzunehmen. Wir finden den Pfad, also ist es eine leichte Aufgabe den richtigen Journalisten für unsere Anliegen zu finden. Man nehme den Kompass, folge dem Wanderweg 451 bei allen Kreuzungen, löse die Aufgabe und treffe sich am Gipfel mit der anderen Patrulle. In die PR-Sprache übersetzt, hieße das: im Telefonbuch nachschlagen, anrufen, über Ecken den Ansprechpartner ausfindig machen, blablabla ... Smalltalk, Fotos und Berichte schicken, zu einer Veranstaltung einladen, verköstigen und persönlich betreuen. Pfadfinder haben einen Drang zu Abkürzungen, wir wissen das. Noch schlimmer wird es in ‚höheren’ Ebenen: LVL; LAT, ABS; BAP, ReSt, hääääh? Bitte was? Für den Laien sind die Bezeichnungen des täglich Brot der Pfadfinderei: WiWö, GuSp, CaEx, RaRo sind schon zuviel des Guten. Wir alle kennen die liebenswert hilflosen Blicke von Quereinsteigern und erklären mühsam, was ein [Guschp] und ein [Käääks] ist. Es macht Spaß sich in Buchstabensalaten statt in Zungenbrechern zu unterhalten. Ein Journalist findet dieses Labyrinth der Begriffe eher wenig unterhaltsam, vor allem weil seine Leser diese Sprache nicht sprechen.

Kein wir, vollständige Namen

Zeitungsmacher stehen permanent unter Zeitdruck. Je qualitativer eine Zusendung gestaltet ist, desto schneller ist sie ins Layout eingepflegt, desto eher werden die Zeilen also abgedruckt. Meistens wird das „wir“ in ‚die Pfadfinder’ umbenannt. Frau Kriemers Vorname wird außerdem mühsam recherchiert, damit sie in v.l.n.r. als Petra Kriemer aus der Zeitung lacht. Um die Faszination Außenstehenden näher zu bringen, kann eine Einladung Wunder wirken. Ohne Nägel, nur mit Schnur, ohne Strom aber bildhübsches Feuer, ohne Bett dafür mit Kreuzweh, das Pfadfindersein lässt Nichtsahnende eine Reise zum Ursprung erleben. Auf Schaulagern, Gruppenfesten oder Besuchertagen verfängt sich die Fliege im Spinnennetz.

Spinnennetz aufbauen

Finanzen, Schriftführung, Obmann, höchste Zeit auch einen Presseverantwortlichen zu bestimmen. Ein weiteres Glied im Spinnennetz, um die öffentliche Meinung aufzufangen und einzuwickeln. Der Landesverband versteht sich als Serviceeinrichtung und ist bestrebt aktive PR-Hilfe zu leisten. Bei der letztennFrühjahrsführertagung in Ybbsitz wurden weiße Ordner verteilt. Wer nicht vor Ort war, bekam diese Mappe per Post zugeschickt. Für alle Gruppen in NÖ ist es wichtig, einen Beauftragten zu nennen, der als Ansprechpartner für Öffentlichkeitsarbeit zur Verfügung steht. So koordinieren und bündeln wir Aussagen und stellen ein einheitliches Bild in der Öffentlichkeit dar. Bitte die Kontaktdaten (Name, Gruppe, Funktion, Telnr., Mail, etc.) an presse@noe.pfadfinder.at schicken.

Verrückt genug, um die alte Dame stehen zu lassen?

Der Landesverband bildet die Klammer um über 80 Gruppen in Niederösterreich. Auch wenn in vergangenen Jahren kein Focus auf die Öffentlichkeitsarbeit gelegt wurde, jetzt wird kräftig investiert. Nicht zu vergessen: Dabei bleibt die meiste Konzentration auf Jugendarbeit. Gegen Vorurteile und Klischees anzukämpfen, verbessert die Rahmenbedingungen dazu. Und wer die Assoziation Fähnlein Fieselschweif ebenso hasst, ist willkommen sich im Team für Verrücktes wie Journalisten knacken, Zeitung machen und Werbung schalten zu versuchen (Kontakt: presse@noe.pfadfinder.at). Gemeinsam und durch eine hervorragende Vernetzung geht die Spinne ins Netz und wir wirken der Identitätskrise entgegen und sagen dem Fähnlein Fieselschweif endlich ade.

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