Niederösterreichische Pfadfinder und Pfadfinderinnen
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Das neue Vereinsgesetz

Mit 1. Juli 2002 ist ein neues Vereinsgesetz in Kraft getreten, das auch für Pfadfindergruppen einige wesentliche Änderungen bringt.

VON HR DR. FRIEDRICH ZAUSSINGER


Am 26. April 2002 ist das neue Vereinsgesetz im Teil I des Bundesgesetzblatts unter der Nummer 66 kundgemacht worden. Es ist mit 1.Juli 2002 n Kraft getreten und soll

  • die Beziehungen zwischen Vereinen und Vereinsbehörden (in 1. Instanz jetzt jeweils
    Bezirkshauptmannschaft, Magistrat oder Bundespolizeidirektion) in Schreibweise und
    Erledigungsdauer verbessern,
  • mehr Klarheit und Offenheit in die (häufig seit 1950 auf ein Vielfaches angewachsene) Geldgebarung der Vereine bringen und
  • Kreditgebern von Vereinen die Hereinbringung überfälliger Geldbeträge erleichtern.

Für die in Niederösterreich bestehenden Pfadfindergruppen bringt es folgende Änderungen:

1.) Eine Satzungsänderung ist (binnen 4 Wochen nach der Beschlussfassung der Jahresversammlung hierüber) nicht mehr der Sicherheitsdirektion, sondern der Bezirkshauptmannschaft, in Krems und Waidhofen an der Ybbs dem Magistrat und in St. Pölten, Schwechat und Wiener Neustadt der Bundespolizeidirektion anzuzeigen.

Die geänderte Fassung der Satzungen ist der Anzeige nur mehr in einfacher Ausfertigung anzuschließen (Gebührenersparnis). Als Regelfall der Erledigung ist die Einladung zur Aufnahme der Vereinstätigkeit nach den geänderten Satzungen vorgesehen. Wenn in den Satzungen die Befugnis zur Vertretung des Vereins nach außen geändert wird, dann hat die Vereinsbehörde der Erledigung der Anzeige ohne besonderen Antrag einen Auszug aus dem Vereinsregister anzuschließen. Wenn eine solche Anzeige nicht binnen 4 Wochen erledigt wird, dann gilt das Schweigen der Vereinsbehörde als Einladung zur Aufnahme der Vereinstätigkeit nach den geänderten Satzungen. (Eine gleichartige Vorgangsweise ist für die Vereinsgründung vorgesehen; hievon informieren wir jeweils die Interessenten.)

2.) Nach jeder Neuwahl des Aufsichtsrats (auch Ergänzungs- oder Ersatzwahl) und im Fall der Änderung der Regelung der Vertretung nach außen in den Zweigvereinssatzungen sind der Vereinsbehörde nur mehr die Vor- und Zunamen, Geburtsdaten und Zustelladressen sowie die satzungsgemäße Bezeichnung der Funktionen der zur Vertretung nach außen befugten Aufsichtsratsmitglieder (Obmann, Kassier und Schriftführer, wenn in Satzungen vorgesehen auch Stellvertreter) bekanntzugeben.

Ein Vereinsregister wird jetzt von der Vereinsbehörde 1. Instanz für ihren Bereich und im Bundesministerium für Inneres für ganz Österreich geführt. Beide Stellen erteilen Auskünfte aus ihrem Vereinsregister; Auszüge aus dem Vereinsregister, die meistens von Kreditgebern verlangt werden, hat die Bezirkshauptmannschaft, der Magistrat oder die Bundespolizeidirektion (wie oben) auszustellen.

3.) Ausdrücklich schreibt das neue Vereinsgesetz vor, daß jeder Verein Einnahmen und Ausgaben laufend (z.B. in einem Kassabuch oder auf Kontoblättern - jeweils mit angeschlossener Belegsammlung) festhalten und am Ende jedes Rechnungsjahrs (Kalender- oder Pfadfinderjahr) abrechnen muss. (Das dürfte als Aufgabe des Kassiers schon in allen Gruppen üblich sein.) Neu schreibt das Vereinsgesetz 2002 jedem Verein die Erstellung einer Vermögensübersicht (Kassenbestand und Außenstände sowie Verzeichnis des beweglichen Inventars und - wo vorhanden auch - des unbeweglichen Vermögens) am Ende jedes Rechnungsjahrs vor. Dadurch sollen jährlich der Kassenstand und Veränderungen des Vereinsvermögens, auf längere Sicht auch die Dauer der Verwendbarkeit der verschiedenen Inventargegenstände und die Notwendigkeit von Neuanschaffungen aufgezeigt werden. Bei uns kommt zur Gewährleistung der laufenden Vermögensübersicht des Aufsichtsrats wohl am zweckmäßigsten die Betrauung eines seiner Mitglieder mit der Funktion des Materialverwalters in Betracht.

Nach und nach soll die jährliche Erstellung der Vermögensübersicht mit einer Bewertung des (beweglichen und unbeweglichen) Vereinsvermögens verbunden werden; hiefür müssen aber erst Richtlinien ausgearbeitet werden.

Für die Erstellung der Jahresabrechnung der Einnahmen und Ausgaben (bis zu 1 Million Euro ohne Formvorschrift) und der Vermögensübersicht (siehe oben) räumt das neue Vereinsgesetz (dem Vereinskassier und dem Materialverwalter) eine 5-monatige Frist ab dem Ende des Rechnungsjahrs ein.

4.) Von der Fertigstellung der Jahresabrechnung und der Vermögensübersicht müssen die damit Beauftragten vorerst die Rechnungsprüfer informieren. Sodann müssen sie diesen die Einsicht in die vorbereiteten Aufzeichnungen und Berechnungen ermöglichen. Nach der (wenigstens stichprobenartigen) Prüfung (und allenfalls notwendigen Ergänzung oder Berichtigung) und binnen 4 Monaten ab der Verständigung von der Fertigstellung der Jahresabrechnung sowie der Vermögensübersicht müssen die Rechnungsprüfer das Ergebnis dem Leitungsorgan des Vereins (bei uns Aufsichtsrat) mitteilen.

Wenn dieser Prüfungsbericht nicht besagt, dass die Jahresabrechnung ordnungsgemäß erfolgt ist und die Mittel satzungsgemäß verwendet worden sind, dann muss er aufzeigen, welche (nicht schon berichtigten) Fehler die Rechnungsprüfer festgestellt haben und wie diese Fehler künftig vermieden werden können. Manchmal wird sich auch die Notwendigkeit der Ergänzung der Aufzählung der Mittel zur Erreichung des Vereins-zwecks (Methoden der Geldbeschaffung) in den Satzungen ergeben. Der Aufsichtsrat und die Rechnungsprüfer müssen in der nächsten Jahresversammlung die Vereinsmitglieder über die Vermögenslage der Gruppe informieren. Auf Verlangen von 10% der Vereinsmitglieder muss eine solche Information jeweils binnen 4 Wochen erfolgen (ev. schriftlich - das kommt bei uns wegen der Kürze der Intervalle zwischen den Mitgliederversammlungen aber kaum in Betracht).

Diese Regelung gilt ab dem nach dem 31.12 2002 beginnenden Rechnungsjahr, und zwar auch dann, wenn die Vereinssatzungen (wie unsere Mustersatzungen für Zweigvereine) die Bestellung von Rechnungsprüfern nicht vorsehen. (Gruppen, die noch keine Rechnungsprüfer bestellt haben, müssen solche also in der nächsten Jahresversammlung - wahrscheinlich schon vor einer Satzungsänderung - wählen.)

5.) Für Schulden einer Gruppe haften grundsätzlich nicht mehr die Aufsichtsratsmitglieder mit ihrem Privatvermögen, sondern die Gruppe als Zweigverein mit ihrem Vermögen. Nur wenn einzelne Aufsichtsratsmitglieder gegenüber einem Darlehensgeber die Bürgschaft für die Rückzahlung des Darlehens binnen einer bestimmten Frist übernommen haben, dann haften sie mit ihrem Privatvermögen dafür. (Das ist allerdings derzeit die Regel bei der Aufnahme eines Kredits für eine Gruppe bei einer Bank und wird es wohl noch bleiben, bis eine von uns bewältigbare und von den Banken anerkannte Methode der Bewertung des Vereinsvermögens entwickelt und eingeführt ist und solange der im Ernstfall erzielbare Erlös der Verwertung von Vereinsvermögen nicht wesentlich höher erscheint als der Kredit.

Die Verwendung des Begriffs "Aufsichtsorgan" neben dem Begriff "Leitungsorgan" in der Regelung der finanziellen Gebarung großer Vereine (mit Millionenumsätzen) im neuen Vereinsgesetz, das Fehlen von Rechnungsprüfern in unseren Mustersatzungen für Zweigvereine, der Austausch des Begriffs "Führer" gegen den Begriff "Leiter" in den Satzungen unseres Bundesverbands und in der Verbandsordnung sowie weitere Überlegungen erfordern die Änderung unserer Satzungen. Für die Anpassung an das neue Vereinsgesetz sieht dieses eine Frist von 4 Jahren vor. Da wir nun die Vorgaben erfahren haben, können wir mit der Ausarbeitung beginnen. Die Aussendung der Entwürfe zur Stellungnahme ist vorgesehen.

Die Neufassung des Vereinsgesetzes und Änderungen der Satzungen unseres Bundesverbands lassen die Anpassung der Satzungen unseres Landesverbands und unserer Zweigvereine sowie unserer Zweigstellen-Geschäftsordnung notwendig erscheinen. Im Frühjahr wird das Präsidium die mit der Geldgebarung von Gruppen befassten und an der Satzungsänderung interessierten Aufsichtsratsmitglieder in das Landesverbandszentrum zu einem Informations- und Diskussionstreffen einladen. Die im Sinn der Diskussionsergebnisse fertiggestellten Entwürfe werden den Gruppen dann so zeitgerecht zugesandt werden, daß die Beschlußfassung hierüber in der nächsten Landestagung erfolgen kann.

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