Niederösterreichische Pfadfinder und Pfadfinderinnen
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Geteilte Arbeit ist halbe Arbeit
(oder auch nicht)

Praktische Hinweise zum GF-Assistenten1 : Warum der Einsatz von mehr Arbeitskräften nicht immer weniger Arbeit für den Einzelnen bedeutet und wie man es dennoch doch schaffen könnte, Arbeit zu verteilen.

VON WILHELM NAGY


Der GF-Assistent2 (oder das Ding an sich)

Es wurde die Möglichkeit geschaffen, in der Gruppenführung einen oder mehrere Assistenten zu berufen. Die Schaffung der rechtlichen Grundlage war ein enorm langer Weg, den viele Menschen mit uns gegangen sind. Bei dieser Gelegenheit möchten wir uns für die vielen Anregungen und praktischen Hinweise aus euren Reihen bedanken, welche zum Gelingen beigetragen habe. Aber jetzt ist es geschafft: Wir haben eine neue Funktion und auch gleich eine neue Abkürzung der Funktionsbezeichnung: GF-Ass.

Der Sinn der Sache (oder warum überhaupt?)

Unsere Grundüberlegung war es, die Gruppenführung3 zu entlasten. Es gibt Arbeiten, die zwar in die Kompetenz der Gruppenführung fallen, von dieser aber aus zeitlichen, oder auch aus qualitativen Gründen nicht wahrgenommen werden können. Wir wollten die Möglichkeit schaffen, diese Arbeiten an andere zu übertragen (Delegation der Arbeit). Diese etwas theoretische Aussage können wir in der Idee unserer Organisation aber immer wieder praktisch umgesetzt finden. Der Kornett einer Patrulle muss nicht zwangsläufig der Beste im Orientieren sein. Die Patrullenführung kann diese Aufgabe an irgend ein Mitglied delegieren. Genau so, könnte zum Beispiel der Bereich der Mitarbeiterentwicklung (also der Schulungsauftrag des GF) an eine andere Person ausgelagert werden. Es sind aber auch viele andere Bereiche denkbar und dem Gestaltungswillen der Gruppenführung sollte hier kein Riegel vorgeschoben werden. Lediglich die legistische Verantwortung der Gruppenführung kann und soll auch nicht delegiert werden.

Die Fähigkeit des Delegierens (oder will ich Arbeit wirklich los werden?)

Ergebnisse werden nicht erzielt, durch das was eine Führungskraft tun kann, sondern durch das, was sie planen und kontrollieren kann. (B.Sroebe)

Als Erstes sollten folgende Fragen beantwortet werden:

  • erledige ich Arbeiten, die genauso gut vom GF-Assistenten erledigt werden könnten?

  • Wende ich Zeit für Routinedetails auf, die durch den Assistenten erledigt werden könnten?

  • Vertrete ich insgeheim die Auffassung, etwas selbst zu machen ist der beste Weg zur sicheren Erledigung?

  • Will ich überall meine Hand im Spiel haben?

  • Fühle ich mich überfordert und kann ich auch in meiner Freizeit (!) nicht abschalten?

    [GRAF-GÖTZ/GLAZ 1999]

Ein sicheres Zeichen, dass mit der Delegation von Arbeit begonnen werden soll ist, wenn die Fragen mehrheitlich mit ‚Ja' beantwortet worden sind. Jetzt stellt sich die Frage: Welche Arbeiten können delegiert werden? Folgende Check-Liste soll beim Finden solcher Tätigkeiten behilflich sein:

Was könnte der GF-Assistent ...

  • Genauso gut oder besser als ich?
  • Schneller als ich?
  • Langfristig besser übernehmen?

Was ist delegierbar?

  • Routineaufgaben
  • Detailaufgaben
  • Spezielle Aufgaben
  • Einzelne Projekte

Es sollte nie mehr delegiert werden, als von der Gruppenführung überblickt und koordiniert werden kann.

Was bringt Delegation (oder der Wert der Aktion)

Als erster Punkt sollte die Entlastung der Gruppenführung stehen. Wenn durch die Verteilung der Arbeit mehr Belastung entsteht (diese Gefahr ist durchaus gegeben), hat es natürlich keinen Sinn, zu delegieren. Durch Abgabe von Routineangelegenheiten bleibt mehr Zeit für die eigentlichen Führungsaufgaben wie:

  • Informationsverbreitung (Schulung, Informationen des LV etc.)
  • Organisatorische Aufgaben
  • Optimale Entwicklung der Mitarbeiter4 (Motivation, Schulung)

Es ist mit einer erhöhten Bindung der Mitarbeiter an die Gruppe zu rechnen, weil diese mehr an die Entscheidungsprozesse gebunden sind.

Voraussetzungen (oder was ist notwendig?)

  • Eine positive Einstellung zu den Assistenten.
  • Aufgaben und Kompetenzen müssen eindeutig sein und klar abgegrenzt werden.
  • Neue Kommunikationsformen nicht mehr die tu-dies, tu-das, sondern verbindliche Vereinbarungen mit den Mitarbeitern. Die Mitarbeiter müssen auch eigene Vorstellungen über den Lösungsweg realisieren können.
  • Förderungsmaßnahmen Mitarbeiter müssen auch die Kompetenz zur Erledigung bekommen (Kurse, externe und interne Schulungen)

Was kann delegiert werden (oder Fragen die vor der Delegation beantwortet werden müssen)

Was genau soll getan werden? Ist die Aufgabe klar? Wurden alle Details der Aufgabe mit allen Mitarbeitern besprochen?

Es hat keinen Sinn, Arbeit zu delegieren, von denen die Gruppenführung nicht genau weiß, was dabei herauskommen soll. Dem Assistenten sollte klar sein, was das Ziel der Aufgabe ist. Es muß auch klar sein, wer die Aufgabe übernimmt

Alle und Keiner sind das selbe (P. Georg Sporschill, SJ)

Bis wann muss die Aufgabe erledigt sein? Sind genug Sachmittel zur Erledigung vorhanden? Ist bei den Mitarbeitern genug Fachwissen vorhanden?

z.B. könnte folgendes Formular dienlich sein:

Nr
Wer
Was
Bis Wann
Erledigt/am
1MoniRegistrierungNächster GR 
2KoarlHeim1.1.2002 
3MoniSchulungsbedarf TF erhebenNächster GR 

Zum Geleit (oder was ich noch sagen wollte)

Es ist auch darauf zu achten, dass jede Delegation Ressourcen des Auftraggebers bindet. So ist es wahrscheinlich, dass spätestens beim sechsten Assistenten die Gruppenführung nur mehr mit Delegieren und Betreuen der Assistenten beschäftigt ist und selbst keine der eigentlichen Aufgaben mehr nachkommen kann. Es muss also ein Gleichgewicht zwischen Verteilen und Selbermachen gefunden werden.

Wir stehen gerne für Gespräche oder Anregungen sowohl bei den Tagungen oder auch am ‚Amtstag' zu Verfügung. Die gewonnenen Erkenntnisse sind für uns wertvoll, da wir diese verteilen können.

Erreichbar ist der Autor unter folgender Mailadresse: nagy@ubavie.gv.at

Literatur:

[GRAF-GÖTZ/GLAZ 1999] Organisation gestalten Graf-Götz/Glatz; 2. Auflage 1998 Beltz Verlag, Basel; ISBN 3-407-36377-0

Mayrshöfer/Kröger; Prozesskompetenz in der Projektarbeit; Windmühl Gmbh, Hamburg; 1.Auflage 1999; ISBN 3-922789-68-4

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1 Assistent: lat. : Beisteher, Helfer. Also jemand, der Arbeit erleichtern soll und nicht jemand, der mehr Arbeit macht..

2 Um den Text leicht lesbar zu halten, verzichte ich auf die geschlechtliche Ausprägung (Assistent / Assistentin)..

3 Ich verwende hier die Bezeichnung Führung. Um den Text leicht lesbar zu halten, verzichte ich auf die Verdopp-lung und Verlängerung (Gruppenführung, Gruppenleitung, Gruppenbegleitung etc.).

4 Ich verwende hier den Begriff Mitarbeiter und Assistent synonym, weil alles Gesagte gilt im Allgemeinen für jeden Mitarbeiter, also auch für Truppführer, Materialwarte und auch Assistenten.