Unterwegs
auf neuen Pf@den ... Auch
in Pfadfinderkreisen lässt sich das Internet immer weniger aus der Alltagsarbeit
wegdenken. Naturverbundenes Leben per Mausklick? VON
MICHAEL HOLZMANN
Der CaEx-Führer
blickt gehetzt auf die Uhr: „Verdammt, noch zwei Stunden bis zur Heimstunde und
ich muss heute die Ausschreibung fürs SOLA austeilen!“ Er schaltet seinen Computer
ein, startet das Textverarbeitungsprogramm und klopft hektisch auf der Tastatur
herum. Da schlägt er die Hände über dem Kopf zusammen: „Ich weiß ja noch gar nicht,
wieviel uns die ÖBB für die Fahrkarten abknöpfen will!“ – Er startet sein eMail-Programm
und kratzt nervös mit seinen Fingernägeln auf der Schreibtischoberfläche, während
das Modem mit unmelodiösem Gedudle eine Verbindung herstellt. Endlich
beginnt das Programm, die neuen Nachrichten herunterzuladen. Unser CaEx-Führer
blickt genervt auf seine Uhr: 18:36 Uhr. Sieben Virenwarnungen, die schon vor
zwei Wochen ein alter Hut waren und trotzdem von „hilfsbereiten“ Freunden an ihn
weitergeleitet wurden, tauchen auf dem Bildschirm auf. Als nächstes erscheint
nach einer Wartezeit von zehn Minuten ein ach-so-lustiges Video mit 2,5 MB, das
ein Kollege unbedingt an alle Bekannten schicken musste. Der
CaEx-Führer setzt gerade zu einem hysterischen Zornesschrei an, da taucht plötzlich
eine Nachricht des ÖBB-Kundenservice auf. „Die Karten“, so ist hier zu lesen,
„kosten für 15 Personen ATS 450“. Erleichtert tippt unser Held den Lagerbeitrag
in seine Ausschreibung, druckt sie 20 Mal aus und macht sich auf den Weg in die
Heimstunde. Pfadfinder
erobern das Internet Obwohl
der heute populärste Dienst des Internet, das sogenannte „World Wide Web“, erst
zu Beginn der neunziger Jahre ins Leben gerufen wurde, erfreut es sich kaum zehn
Jahre später einer erstaunlichen Beliebtheit.
Ausnahmsweise haben auch die österreichischen Pfadfinder relativ schnell die ungeahnten
Möglichkeiten der weltweiten Computervernetzung erkannt. Die Nase vorn hatten
hier ohne jeden Zweifel die Steirer. Hannes Hernler, Mitglied des scout.at-Teams:
„1996 reservierte der LV Steiermark den Domainnamen „scout.at“; gottseidank rechtzeitig,
in manchen Ländern sind diese Adressen manchmal schon durch kommerzielle Firmen
besetzt.“ Heute
bieten fast alle Landesverbände eine eigene Website und immer mehr Gruppen wagen
ebenfalls den Schritt zur eigenen Homepage. Die qualitative Bandbreite ist hier
leider ebenso stark ausgeprägt, wie bei der guten alten Gruppenzeitung. Und wie
es Zeitungen gibt, die ungelesen im Papierkorb landen, gibt es eben auch Internetseiten,
die die Online-Gebühren nicht wert sind. Ein
weiterer Dienst des Internet (eigentlich ist es der älteste) ist aus dem Pfadfinderalltag
nicht mehr wegzudenken. Das Senden und Empfangen von eMail. Auch wenn noch immer
nicht restlos geklärt ist, ob es nun das oder die eMail heißt, oder ob man nun
„eMail“ oder „E-Mail“ schreibt, eines steht fest: Immer mehr Pfadfinderführer(innen)
fragen sich, wie ihre Arbeit ohne diese praktische Errungenschaft noch vor einigen
Jahren funktioniert hat. Ob es sich um das Versenden von Ausschreibungen für Lager,
Sitzungsprotokolle oder Anmeldungen handelt, alles landet per Mausklick in wenigen
Sekunden beim Empfänger, der sofort darauf reagieren kann. Kritiker
in unseren Reihen meinen, die zunehmende Technisierung der Pfadfinder entferne
uns von unseren ursprünglichen Grundsätzen. doch auch hier gilt: Es ist alles
eine Frage der Dosierung. Wenn der Computer als praktisches Werkzeug erkannt und
dazu verwendet wird, unsere Arbeit ein bisschen einfacher oder zumindest schneller
zu machen, kann nichts Schlechtes dabei sein.
Und wenn unser Gründer, der gute alte B.P., heute noch leben würde, er hätte sicher
eine eMail-Adresse, um Grüsse von all seinen Pfadfinderschwestern und -brüdern
empfangen zu können, zum Beispiel diese: baden-powell@gilwell.uk Deine
Meinung zu diesem Artikel ist uns wichtig! Verfasse einen Beitrag in unserem Forum! |