Niederösterreichische Pfadfinder und Pfadfinderinnen
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Die liebe Liesl ...

Heute morgen so gegen 5.30 Uhr holt mich meine Vergangenheit wieder ein: Meine liebe Frau weckt mich wiedermal mit einem Pfadithema: "Sag mal, diese Gehrer, ist die nicht auch eine von euch?"


"Ähh – uaaaahm – gähn– wie, was, ja doch, war Landesirgendwas in Vorarlberg und Handarbeitslehrerin, glaub ich – gähn." — "Ja, kannst der nicht was sagen?". – "Hmm, ja eigentlich ist sie ja jetzt Politikerin und ich bin nicht mehr zuständig ..."

Ich versuche, irgendeinen Sinn in diese Unterhaltung zu bringen, was zu dieser Stunde nicht ganz einfach ist. Aber meine Maria ist ja schon etwas länger haushaltstechnisch unterwegs, weil sie ja Frühdienst hat und um 6.30 Uhr in kleinkinderpädagogischen Angelegenheiten in ihrer Dienststelle anwesend sein muss.

"Also, was ist los?", frage ich. "Na, die will die Sommerferien kürzen, weil die Lehrer gestreikt haben". Langsam werde ich wach und denke so vor mich hin, dass kleinliche Rache eigentlich von Absolventen des "Führungskräfteseminars der PPÖ" aka "Woodbadgekurs" nicht wirklich eine erwartbare Reaktion auf politisch kritische Situationen ist.

Na ja, vielleicht hält sie nicht alle Lehrer für eigenverantwortliche Persönlichkeiten und will sie zwangsweise in den Verband eingliedern. Schliesslich lautet unser Ziel: Die PPÖ fördern Kinder und Jugendliche dabei, ihre persönlichen Talente und Fähigkeiten wahrzunehmen, zu entfalten und einzusetzen und unterstützen sie bei ihrer Entwicklung zu eigenverantwortlichen Persönlichkeiten."

Wenn man nicht mit ministeriellen Zwangsmaßnahmen einverstanden ist und eigenverantwortlich einen Protest organisiert, so ist dieser mit der eiserenen Faust (Thatcher schau umi) sofort zu unterbinden. Oder habe ich da wiedermal was falsch verstanden? Gibt es sowas wie eine Parallelwelt? Kann eine Frau gleichzeitig Pfadfinderin sein und im anderen Leben politische Wendehalstaktiken anwenden?

Ich zitiere aus einer Rede von Dr. Thomas Ertlthaler im Außenministerium: "... Für unsere Bewegung steht der Abbau von Vorurteilen, das Schaffen von Kommunikationsmöglichkeiten zwischen Menschen und Völkern und das Wecken des Verständnisses für andere Kulturen im Mittelpunkt."

Wenn das für den kulturellen Austausch zwischen Völkern gilt, ist dies auch für die Kommunikation zwischem Mitarbeitern (= Lehrer) und Vorgesetzten (= Ministerin) gültig. Ist es für eine Führungkraft gut und redlich, wenn die Dialogbereitschaft dadurch gekennzeichnet ist, dass unsere liebe Liesl einfach den Dialog mit ihren Mitarbeitern abbricht, sodass diese gezwungen sind, über die Medien mit ihr zu kommunizieren?

Ich bin Vater zweier schulpflichtiger Kinder und Mitglied des Schulgemeinschaftsausschusses in unsere Schule und somit unmittelbar mit dieser Problematik konfrontiert. Ich vertrete die Eltern und kann keinerlei Dialog der Frau Bundesminister mit den Eltern (ihrem Brötchengeber) feststellen!

Ich empfinde es - als gewählter Vertreter und meinen Wählern verantwortlich - äußerst kompliziert, plötzlich über Dinge abstimmen zu müssen (Änderungen der Schulzeit unterliegen der Genehmigungspflicht des SGA), ohne genügend Gelegenheit und Zeit zu haben, mich mit der Materie auseinanderzusetzten (siehe z. B. Stundengleichwerte).

Was ich damit sagen will, ist: Dies ist nicht nur ein Lehrer-Gehrer-Konflikt, sondern auch ein gesellschafts- und bildungspolitischer. Wollen wir durch GATS eine Schule, die sich nur noch die Reichen leisten können? Oder wollen wir eine Gesellschaft/Schule, in der eine gesellschaftliche Mischung stattfindet?

Dies alles sind Gedanken, die mir in aller Herrgottsfrühe durch den Kopf gehen und nur deswegen, weil meine liebe Frau mich wiedermal daran erinnert, dass wir nicht nur ein Verein, sondern auch eine Bewegung sind, in der die Werte einen Wert haben und nicht alles, was einen Wert hat, auch einen Preis haben soll.

Ich würde die Frau Bundesminister und liebe Liesl gerne zu einem Gespräch unter uns einladen, wenn ich wüsste, wie das geht und ob sie überhaut noch mit uns spricht ...

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VON WILHELM NAGY